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Freitag, 25 September 2015 : Kommentar Joseph Kardinal Ratzinger

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Mensch sein heißt: zum Tod hin sein. Mensch sein heißt: sterben müssen…. Leben heißt in dieser Welt sterben. „Er ist Mensch geworden“ bedeutet so auch dies: Er ist auf den Tod zugegangen. Die Widersprüchlichkeit, die dem Tod des Menschen eignet, gewinnt bei ihm ihre äußerste Schärfe. Denn bei ihm, der ganz in der Gemeinschaft des Austausches mit dem Vater steht, ist die absolute Vereinsamung des Todes die schiere Unbegreiflichkeit. Andererseits hat der Tod bei ihm auch seine ganz besondere Notwendigkeit. Denn wir hatten ja gesehen, dass gerade sein Sein mit dem Vater zugleich sein Unverstandensein unter den Menschen und so eine Einsamkeit inmitten der Öffentlichkeit begründet. Die Hinrichtung ist der letzte, konsequente Akt dieses Nicht-Verstehens, dieses Wegstoßens des Unverstandenen in die Zone des Schweigens hinein. Von da aus kann man vielleicht etwas ahnen von der inneren, der theologischen Dimension seines Todes. Denn Sterben ist beim Menschen immer ein biologisches und ein geistig-humanes Geschehen zugleich. Die Zerstörung des leiblichen Instrumentars der Kommunikation bricht hier den Dialog mit dem Vater ab. Wo das leibliche Instrument zerschlagen wird, verschwindet einstweilen auch der geistige Akt, der auf ihm beruht. So zerbricht hier mehr als in irgendeinem menschlichen Tod. Es wird jener Dialog mitgerissen, der doch in Wahrheit die Achse der ganzen Welt ist… Aber so, wie dieser Dialog ihn vereinsamt, seinen Tod und die Ungeheuerlichkeit dieses Todes begründet hatte, ist in ihm auch schon die Auferstehung ihrem Grund nach gegenwärtig. Denn durch sie ist sein Menschsein eingeborgen in das trinitarische Gespräch der ewigen Liebe selbst. Es kann gar nicht mehr untergehen; jenseits der Schwelle des Todes steht es von neuem auf und erschafft sich seine Fülle neu. So enthüllt erst die Auferstehung das Letzte, Entscheidende in dem Glaubensartikel „Er ist Mensch geworden“… Er ist Mensch. Er bleibt es auf immer. Das Menschsein ist durch ihn eingelassen in Gottes eigenes Wesen: Das ist die Frucht seines Todes.

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