„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Als Weg nennt er die Demut, die zur Wahrheit führt. Die eine ist die Mühe, die andere aber die Frucht der Mühe. „Woher soll ich wissen“, sagst du, „daß er dort von der Demut gesprochen hat, wenn er nur ganz allgemein sagt: ‚Ich bin der Weg‘?“ Vernimm es deutlicher: „Lernt von mir, denn ich bin sanft und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Er stellt sich selbst also als Beispiel der Demut, als Muster der Sanftmut dar. Wenn du ihn nachahmst, wandelst du nicht in der Finsternis, sondern wirst das Licht des Lebens haben (vgl. Joh 8,12). Was ist das Licht des Lebens anderes als die Wahrheit, die jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt (vgl. Joh 1,9), um ihm zu zeigen, wo das wahre Leben ist? [...]
Ich schaue den Weg, das heißt die Demut, ich verlange nach der Frucht, das ist die Wahrheit. Wie aber, wenn die Mühsal des Weges so groß ist, daß ich nicht zur gewünschten Frucht gelangen kann? Er antwortet dir: „Ich bin das Leben, das heißt die Wegzehrung, die dich auf dem Weg aufrecht halten kann.“ Er ruft also den Irrenden, die den Weg nicht kennen, zu: „Ich bin der Weg“, den Zweifelnden und denen, die nicht glauben: „Ich bin die Wahrheit“, denen aber, die schon emporsteigen, aber ermatten: „Ich bin das Leben.“ [...] Vernimm noch eine andere Stelle: „Ich preise dich, Vater des Himmels und der Erde, daß du dies“ – ohne Zweifel die Geheimnisse der Wahrheit – „den Weisen und Klugen“ – das heißt den Stolzen – „verhüllt hast, den Kleinen aber“ – das heißt den Demütigen – „enthüllt hast“ (Lk 10,21) [...]
Scheint es dir nicht, als riefe Gott von oben und spräche zu denen, die ihn suchen [...]: „Kommt her zu mir alle, die ihr nach mir verlangt, und sättigt euch an meinen Früchten!“ (Sir 24,19) und jenes Wort: „Kommt her zu mir alle, die ihr elend und beladen seid, und ich werde euch erquicken!“ (Mt 11,28) „Kommt“, spricht er. Wohin? „Zu mir, der Wahrheit.“ Auf welchem Weg? „Auf dem Weg der Demut.“
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